Julian im Homeschooling

Veröffentlicht am von Kathrin

Wie jedes andere Schulkind aktuell in Deutschland, ist auch Julian im Home-Schooling. Das hat natürlich ein paar ganz besondere Herausforderungen, weil sein Schulalltag normalerweise sehr von der Interaktion mit den anderen Kindern geprägt ist. Die letzten Ferientage und auch die ersten Tage im Home-Schooling hat man ihm auch richtig angemerkt, dass er einen Lagerkoller hatte. Irgendwie konnte man ihm nichts recht machen. Er hat richtig schlechte Laune. Das macht sie bei ihm bemerkbar, dass er total unschlüssig zwischen Kinderzimmer und Wohnzimmer hin und her fährt, dass er irgendwo im Rolli stehen bleibt und sich wild nach hinten wirft, so dass der Rolli vor und zurückkippt (umkippen kann er nicht. ;-)). Und sobald man ihm irgendwas angeboten hat, fand er alles doof. Toniebox doof, rausgehen doof, Klavierspielen doof – alles doof.

Zu Beginn des Home-Schoolings haben wir also einen Plan aufgestellt, wann was stattfindet. Er bekommt von der Schule ebenfalls Übungsblätter für die ganze Woche, die er „bearbeiten“ soll. Er ordnet zum Beispiel Buchstaben zu oder zeigt, wo das Wort „Momo“ oder „Mama“ steht. Wenn er Lust hat, klappt das auch relativ gut. Das war also sein Programm für direkt morgens. Der beste Programmpunkt steht dann am späten Vormittag auf den Programm: Stehtrainer und „Die Sendung mit der Maus“ o.ä. gucken. Schon am dritten Tag hat er sich daran gewöhnt und kam pünktlich ins Wohnzimmer gerollert. Manchmal frage ich mich wirklich, ob er eine innere Uhr hat oder ob er heimlich Uhrlesen gelernt hat. Bei ihm weiß man ja nie… Er hat sich nun so dran gewöhnt, dass er auch am Wochenende zur gleichen Uhrzeit ankommt. Ok – Stehtrainer ist wirklich nicht das schlechteste. 😉 Und wie sein Bruder immer betont, lernt man bei der Maus ja auch was.

Nachmittags ist es dann etwas chilliger mit Schaukeln im Zimmer oder Toniebox hören. Sein Lieblingstonie ist übrigens der Stockmann. Den hört er jeden Tag mindestens 3 Mal.. eher mehr. Unsere Pflegefachkräfte können die Geschichte komplett auswendig und auch wir ertappen uns regelmäßig dabei, dass wir die Melodie vor uns hersummen.

Diese Woche Montag war allerdings das komplette Highlight: Es gab eine Videokonferenz mit der Klasse und den Lehrern. Julian war vorher schon total aufgeregt und als alle online waren, hat man richtig gemerkt, wie glücklich er war. Er kann ja nicht sprechen, aber man hat es ihm total angemerkt. Er hat mit Händen und Füßen wild gewunken – bis wir ihm erklärt haben, dass man das gar nicht sehen würde und er mit der Hand winken soll. Das hat dann auch geklappt.

Auch das ist eine besondere Herausforderung. Julians Augen sind von der Muskelschwäche ja auch betroffen, was zur Folge hat, dass er die Lider nicht aufhalten kann. Er hat aber schon vor Jahren herausgefunden, wie er sich die Augen mit Hilfe seiner Hand aufhalten kann und das macht er nun auch regelmäßig. So saß er also vor dem Notebook, hatte den Arme aufgestellt, mit dem kleinen Fingern der Hand hat er sich das Auge aufgehalten und mit dem Zeigefinger konnte er dann noch winken. Es sah zu süß aus.

Er hat die ganze Stunde lang davor gesessen und alles beobachtet – Beobachten ist ja eh seine absolute Lieblingsbeschäftigung. Es gab das Begrüßungslied, dann noch ein Geburtstagslied für eins der Kinder. Anschließend durfte jedes Kind sein Lieblingsspiel zeigen – bei Julian war es natürlich – wie zu erwarten – der Stockmann! Das war natürlich gar nicht so einfach bei der ganzen Augenaufhalterei noch den Stockmann in die Kamera zu halten. Da haben wir dann doch etwas unterstützt. Schließlich wurde noch ein bisschen erzählt und das Abschlusslied gesungen. Man hat richtig gemerkt, wie die Kinder die Schule und sich untereinander vermisst haben.

Die Videokonferenz findet nun jeden Montag statt. Ich vermute, dass Julian sich schon sehr auf die nächste freut. Dazwischen liegt leider noch eine kleine Ohren-OP. Julian hat Probleme mit chronischen Mittelohrentzündungen und selbst ein Röhrchen hat da nur zum Teil Abhilfe geschaffen. Also muss da einmal richtig operiert werden. Das findet am Donnerstag statt. Wir hoffen mal, dass alles glatt läuft und er schnell wieder zu Hause ist.